Lieber Sebastian
heute habe ich wieder Zeit und Lust weiterzuschreiben. Unseren Austausch sehe ich als einen Versuch, sich persönlich (naja wir sagen ja jetzt “individuell”) auszutauschen, bei dem andere mitlesen und mitüberlegen können. Sie sind eingeladen sich einzuklinken und ihre Gedanken dazuzugeben, müssen es aber nicht tun.
Natürlich ist Schreiben nicht wie wirklich miteinander sprechen. Du und ich beziehen uns zwar in gewisser Weise aufeinander, folgen aber natürlich unseren eigenen Gedankensträngen. Ich versuche teilweise auch meine privaten (nein, Eva, wir sagen auch hier “individuellen) Hintergründe mit zu beleuchten.
Heute greife ich drei Aussagen von dir auf und schreibe, was mir dazu einfällt.
1. Aus deinem ersten Beitrag:
“Mein Verständnis ist, dass diese Freiheit nur da ist, wenn ich freiwillig in den Wandel gehe. Wenn äußere Umstände ihn leidvoll erzwingen, dann habe ich nur noch die Wahl zwischen dem Wandel und dem Leid.”
Ich erinnere mich dunkel, dass Thomas Hübl in diesem Video über “belonging und becoming” davon sprach, dass das Leben unerwartet an die Tür klopft. Doch man ist nicht bereit. Vielleicht öffnet man kurz, sieht die Herausforderung und schließt die Tür schnell wieder. Doch das Leben hat immer Recht. Es lässt nicht locker und macht sich immer stärker bemerkbar (wenn es für denjenigen “dran” ist). Darum glaube ich, dass es vielleicht eher ein Kontinuum ist von ganz leichter Impuls bis hin zu großem Schmerz und Druck. Es gibt auch die Variante, die ich vor fünfundzwanzig Jahren erlebte, die Begenung mit Sabine Lichtenfels und Tamera war wie eine große Verliebtheit, ein Feuer, das mich ergriff, dem ich folgte – in großer Erwartung und Vorfreude, was die Zukunft bringen würde.
2. Aus deinem letzten Beitrag:
“Die “Neue Erde” ist ein fiktiver unbesiedelter Planet. Die Natur gleicht der der Erde, jedoch ohne die Einflüsse des Menschen. Und hier soll eine Vision von einem Dorf entstehen, wie es erschaffen werden könnte.”
Das ist für mich ziemlich abstrakt. Ich gehe eher von meinen (unseren) Prägungen und Erfahrungen aus, doch eben so, dass diese nicht fixiert sind, dass ich sie nicht verteidige. Sondern sie erkenne und mir vorstelle und vor allem mich hineinFÜHLE, wie es wäre, wenn…
wir frei liebten,
wenn wir ohne Vergleich und Konkurrenz zusammen wären,
wenn wir uns sicher und zugehörig genug fühlten
und in großem Vertrauen lebten, dass alles was uns begegnet zu unserem Besten ist.
Wenn mir eine neue gute Erfahrung gelingt (und das passiert), erschaffe ich eine Referenzerfahrung, die in meinem Körper, meinen Zellen, meinem Geist, Emotionalkörper… eben überall gespürt wird. Vielleicht falle ich später wieder zurück in die alten Gewohnheiten und Überzeugungen. Damit kann auch ein Gefühl von Resignation, Trauer oder Ärger einhergehen. Ich erlebe es z.B. aktuell in dem Prozess, mich wieder als ein “Single” und nicht als Teil eines Liebes-Dreiecks zu verstehen. Dann hilft mir meine Erfahrung, was alles für mich schon mal anderes möglich war, dabei, dass ich die Richtung nicht verliere.
3. “Wieviel von meinem gewohnten Leben kann ich loslassen, um an dem Projekt zu arbeiten?”
Ja, Sebastian das ist tatsächlich eine spannende Frage! Wie verteile ich meine Lebenszeit, meine Lebensenergie? Wie viel habe ich insgesamt? Wie ist mein Zugang zur eigenen Energie? Sind z.B. viele Widerstände (= Schutz) aktiv? Ich selbst war noch nie ein Typ von “Ich springe komplett aus meinem bisherigen Leben raus und mache ab morgen alles ganz anders.” Doch ich habe Arbeitsstellen und Liebesbeziehungen zu gegebener Zeit und auf gute Weise beendet oder verändert, wenn sie “fertig gelebt” waren oder das “Nicht -Schöne” längere Zeit überwog. Manchmal fühlte es leicht und befreiend an, manchmal eher schwer und traurig. Aber immer stimmig.
Ich versuche mich darin,
– Raum zu schaffen. Dafür habe ich mich manchmal entschieden, noch mehr in mein angefülltes (und schönes) Alltagsleben zu drängen um sozusagen “freie” Zeitfenster zu erschaffen.
– das “Neue” als Inseln wahrzunehmen und zu beginnen das im “Neuen” Erlebte und Gefühlte in meinen Alltag umzusetzen.
– tatsächlich “Überholtes” endgültig loszulassen. Hier ist (mir) wichtig ist, ob das “Neue” attraktiv, sicher und tragfähig erscheint. Wenn es sich auf Dauer anstrengend anfühlt, verliere ich Motivation. Dann mache ich eine Pause.
Ja. Wieder ohne Anspruch alles umfassend erörtert zu haben. Streiflichter eben.
Mal schauen.
Wo stehst du gerade?
Liebe Grüße
Eva – Maria